Kleiner Schritt – große Wirkung

Heute erzähle ich dir von etwas, das so unscheinbar begann, dass ich es fast übersehen hätte. Und doch hat es mein Leben verändert.
Oder besser gesagt: mein Lebensgefühl.

Mein ganzes Leben lang war Essen für mich ein Minenfeld.

Scham war mein ständiger Begleiter – wie ein Schatten, der sich bei jedem Bissen neben mich setzte. Ich habe mich jahrelang gefragt: Darf ich das überhaupt essen? Ist das zu viel? Bin ich zu viel? Bin ich zu schwer?

Ich habe mich nach Leichtigkeit gesehnt. Nach Genuss. Nach diesem warmen, weichen Gefühl, satt zu sein – satt an Leben. Was ich stattdessen bekommen habe, war ein müder Körper und ein hartes Urteil über jeden Teller, den ich berührt habe.

Und dann begann etwas, das zuerst wie ein rein praktischer Schritt aussah:
Ich wurde Teil von „Bewusst essen“, begleitet von Heike von Hagen und einer Gruppe wunderbarer Menschen.
Ich dachte: Klar, ein bisschen abnehmen wäre schön.
Aber tief drinnen suchte ich nach etwas anderem. Nach etwas, das nicht auf einer Waage sichtbar wird.

Ich wollte wissen:
Was tut mir wirklich gut?
Was nährt mich – nicht nur körperlich, sondern auch emotional?
Wie fühlt sich Essen an, wenn es nicht gegen mich gerichtet ist?

Der Moment, der mich durchschüttelte

Ich trackte meine Mahlzeiten.
Ich kochte frisch.
Ich wählte bewusst.
Auf dem Papier wirkte alles perfekt – „clean“, ordentlich, vorbildlich.
So, wie ich es schon seit Jahren mache.

Aber ich war energielos. Träge. Innerlich schwer.
So schwer, dass selbst Leichtigkeit wie ein absurdes Konzept klang.

Bis Heike mir einen Satz sagte, der in mir eingeschlagen hat wie ein Gong: 

„Du isst zu wenig.“

Ich musste erst lachen, dann erstarren. Denn etwas in mir wusste: Ja. Das stimmt.
Ich habe nicht genug gegessen. Ich habe mich klein gehalten. Ich bin meinem Körper ausgewichen. Ich habe mich ausgebremst.
Immer in Übereinstimmung mit den üblichen Überzeugungen – laut, roh, vertraut:
„Das ist sicher zu viel Zucker.“
„Damit kann ich nicht abnehmen.“
„Das bleibt auf den Hüften.“
Und dann kam die Überzeugung in mir hoch, die mich am meisten traf:

„Bei mir geht es immer nur ums Überleben, nicht um Genuss.“

Dieser Satz kam nicht aus dem Nichts. Ich spürte diese Überzeugung in vielen Bereichen meines Lebens. Und habe schon oft hingeschaut und einiges losgelassen. Aber beim Essen, da war es noch immer da.
Ich darf mir keinen Genuss erlauben. Das war mein altes Scham-Monster. Das, das seit Jugendtagen neben mir saß.
Und jetzt war es endlich sichtbar – und sichtbar erschöpft.

Eine kleine Erkenntnis – und plötzlich wurde es leicht

Es war kein dramatischer Wendepunkt.
Es war kein „Jetzt ändere ich mein Leben!“-Moment.
Es war ein kleines, stilles Erkennen:

Ich darf essen. Und ich darf mich dabei spüren.

Nicht als Belohnung.
Nicht als Ausnahme.
Sondern weil mein Körper mich braucht, um leben zu dürfen – nicht nur funktionieren.

Ich begann zu essen. Nicht weniger, sondern mehr.
Nicht strenger, sondern liebevoller.
Nicht kontrollierter, sondern bewusster.
Und mit jedem Bissen wurde etwas in mir ruhiger.

Ich merkte: Mein Körper ist kein Projekt.

Er ist ein Kompass – und er spricht zu mir, wenn ich bereit bin zuzuhören.
Meine Gedanken sind nicht die Wahrheit.
„Das ist zu viel“ – das ist nur ein alter Schatten, kein Gesetz.
Und Tracking? Das ist kein Käfig, wenn ich es als Klarheit nutze, nicht als Kontrolle.
Ich dachte immer, weniger Essen würde mich leichter machen.
Doch die eigentliche Leichtigkeit kam erst, als ich mir erlaubte, GENUG zu bekommen.

Ich entdecke den Genuss

Ich hole mir meine Energie zurück – nicht durch Regeln, sondern durch Beziehung zu meinem Körper.
Ich bewege mich nicht, um etwas zu verbrennen, sondern um etwas zu spüren. Meine erste Yogastunde nach langer Zeit war wie ein leiser Tanz mit mir selbst. Ein „Hallo, da bist du ja.“

Und ich übe, in den Genuss zurückzufinden. Nicht als Ausrede. Nicht als Ausnahme.
Sondern als Grundrecht.
Mein Leben muss nicht nur leicht aussehen.
Es darf sich leicht anfühlen.

Ich erinnere mich jeden Tag: Ich muss nicht weniger werden, um mehr zu sein.

Leichtigkeit ist kein Ernährungsplan. Keine Diättechnik. Kein Etikett.
Leichtigkeit ist ein Rückweg zu mir selbst.
Und im Moment bedeutet das:
Mehr essen.
Weniger kämpfen.
Und radikal ehrlich mit mir sein.

Leichtigkeit heißt nicht, dass ich „fertig“ bin. Sondern dass ich jetzt schon genug bin. Mit allem, was ich bin.

Und du?
Wann hast du zuletzt Leichtigkeit gespürt – nicht als Ziel, sondern als Erkenntnis?

Die Idee zu diesem Blogartikel entstand durch den Aufruf zur Blogparade von Michaela Thiede – vielen Dank für deine Erinnerung an die Wirkung von kleinen Schritten.

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