Wie ist das Wort Egoismus bei dir besetzt? Wo stehst du bei diesem Wort? Zuckst du zusammen oder gehst du in die Verteidigungspositition?
Bei mir hat es sich gewandelt. Von Pfui zu …. Ja was eigentlich, ich versuche es heute zu beschreiben. Es war ein ziemlicher Ritt, wenn ich so zurückdenke.
Bemühen wir Wikipedia finden wir:
Eigennutz, Eigensucht, Ichbezogenheit, Narzissmus, Selbstbesessenheit, Selbstbezogenheit, Selbstsucht, Selbstverliebtheit, Ichsucht.
Ich habe für mich einen Sammelbegriff gesucht und folgende Interpretation gefunden: Ich bin das „Zentrum des Universum“.
Und dazu habe ich auch Bilder von Personen. Die verbinde ich mit diesem Anstrich von – Ich, nur Ich und nur Ich – habe Recht.
Es gibt aber auch folgende Worte dazu:
Eigenwohl, Eigenliebe, Selbstliebe. Die verbinde ich positiv, mit Wohlwollen mir selbst gegenüber. Und als Überbegriff finde ich „Teil des Universums“ zu sein als passend.
Eine Zwischenfrage ist mir dazu in den Sinn gekommen.
Bei allen Betrachtungen zu diesem Thema gehen wir von einem „normalen“ Alltag aus. Von dem Alltag, den wir kennen, mit Personen, die wir kennen, einem Umfeld, das friedlich ist.
Aber wie egoistisch bin ich in Ausnahmesituationen? In einer Außenwelt, die bedrohlich ist? Lebensbedrohlich für mich oder meine Familie? Wie reagiere ich wirklich? Bin ich dann noch auf die anderen bedacht? Oder setze auch ich meine Ellenbogen ein, um an etwas zu essen zu kommen? Um Schutz zu finden?
Ein nicht so schönes Gedankenbild und ich stelle fest: Nein ich weiß es nicht. Und ja, ich bin sehr froh, dass ich in meinem Leben in keine lebensbedrohliche Situation gekommen bin. Das für mich Krieg, Hunger oder Umweltkatastrophe weit weg ist. Aber der Geschmack von: Wer weiß, wie egoistisch ich dann handeln werde, bleibt.
Aber zurück zu unserem Alltag hier und jetzt
EGO heißt Ich. Und damit gehen die Fragen los:
– Wer bin ich? Also, ich bin Österreicherin, Mutter, Hundemama, Partnerin, Unternehmerin ……
– Und wie bin ich? Hilfsbereit, gestresst, geduldig, launisch, offen…..
Bei Dieter Lange habe ich eine schöne Beschreibung für das EGO gehört:
Etiketten kleben.
Jede Beschreibung, jede Eigenschaft ist ein Etikett, das ich mir selbst aufklebe oder aufkleben lasse. Und davon gibt es eine Menge, oder?
Aber was, wenn der Kleber des Etiketts verblasst, nicht mehr hält. Wer bin ich, wenn ich nicht in Österreich lebe? Wenn ich keine Kinder habe? Wenn ich geschieden bin? Wenn mein Unternehmen Pleite geht?
Wenn ich es nicht schaffe, immer zu lächeln und zu helfen, sondern wenn mir die Nachbarn gerade ziemlich auf den Zeiger gehen?
Und die Etiketten sind austauschbar, je nach Situation, in der ich mich befinde.
Entsteht nicht jeder Streit in Zusammenhang mit diesen Etiketten? Ist nicht jede „Meinungsverschiedenheit“ eine Verteidigungsschlacht um die eigenen Etiketten?
Da ich schon einige Partnerschaften in meinem Leben geführt habe, muss ich im Rückblick genau das zugeben. Die Streitgespräche gingen meist um „Recht haben“, um „du sollst anders sein“, um „ich bin enttäuscht von dir“. Heute sehe ich diese Etikettenschlacht.
Und füllen sich nicht alle Persönlichkeitsentwicklungsseminare mit Menschen, die versuchen, ihre Etiketten wieder loszuwerden? Oder neue, erfolgsversprechende Etiketten aufzukleben?
Also: Irgendwas mit dem „Ich bin meine Etiketten“ kann nicht stimmen.
Was, wenn ich mehr bin als meine Gedankenschlacht um diese Etiketten. Was, wenn ich wertvoll bin, nur weil ich bin. Weil ich da bin. Was, wenn ich in mir vollkommen in Ordnung bin, heile bin. Einfach nur so.
Da schwingt für mich die Leichtigkeit, die Lebensfreude, die Freundlichkeit mir selbst und anderen gegenüber. Da ist die Liebe ohne Bedingungen spürbar.
Ich bin so dankbar, dass ich mich im Mittelpunkt meines Lebens befinde.
Dass ich immer beobachten kann, was in mir passiert. Und ich mich immer weniger dafür verurteile, dass ich Etiketten verteile – an mich und an andere. Das gehört zum Menschsein.
Um dann mit einem Lächeln festzustellen – Etiketten kleben lohnt sich nicht.
Wie siehst du das Thema Egoismus? Was sind deine Gedanken dazu? Ich freue mich über einen Austausch darüber: mail@christabeckers.de